Lokal- und Weltgeschichte hautnah erlebt
Diese Woche begab sich die Klasse 4c der Oberschule Eschen im Rahmen des Unterrichts Räume-Zeiten-Gesellschaften auf eine eindrückliche Zeitreise: Der Besuch der aktuellen Sonderausstellung „Nah am Krieg. Liechtenstein von 1939 bis 1945“ im Liechtensteinischen LandesMuseum in Vaduz ermöglichte den Schülerinnen und Schülern, lokale Geschichte lebendig und aus nächster Nähe zu erfahren. Diese Ausstellung wurde vom kürzlich verstorbenen bekannten Historiker Peter Geiger kuratiert, der die Eröffnung leider nicht mehr erleben konnte.
Schwerpunkte der Ausstellung
Die Ausstellung zeigt, wie das kleine Fürstentum Liechtenstein zwischen 1939 und 1945 die Jahre des Zweiten Weltkriegs erlebte – ohne Besetzung, aber nicht ohne Belastung.
Einige der zentralen Themen:
- Neutralität und Bedrohung: Liechtenstein war neutral, allerdings war das Land geografisch und politisch in einer heiklen Lage – zwischen dem kriegführenden Deutschland und der neutralen Schweiz. Die Bedrohung durch das Dritte Reich, Anschlussgedanken und nationalsozialistische Sympathien in Teilen der Bevölkerung gehörten ebenso zur Realität.
- Gesellschaftlicher Alltag und Ressourcenknappheit: Lebensmittelrationierung, Kontrolle der Versorgung, Marken- und Bezugssysteme prägten den Alltag. Viele Familien litten unter Armut oder materiellen Einschränkungen, da Importe schwieriger wurden und Preise stiegen.
- Politische und soziale Spannungen: Diskussionen darüber, wie Liechtenstein seine Unabhängigkeit bewahren kann, wer Loyalitäten mit Deutschland hatte, wie sich die Bevölkerung spaltete – all das sind Themen, denen sich die Ausstellung widmet.
- Flucht und Flüchtlinge: Am Ende des Krieges suchten Menschen Schutz über die Grenze. Liechtenstein war in gewissem Mass ein Ziel und Transitland. Auch für die aus der Ukraine geflüchteten Schüler war interessant zu erfahren, wie damals mehrere hundert russische Deserteure in Liechtenstein landeten oder wie auch hiesige NS-Sympathisanten forderten, dass die wenigen jüdischen Menschen einen Davidstern tragen müssten.
Unser Besuch – so haben wir gearbeitet
Die Klasse wurde von Judith Näscher herzlich begrüsst und in einem gemeinsamen Brainstorming im Raum mit den aus Papier gefalteten Friedenstauben ins Thema eingeführt. Anschliessend wurden alle in kleine Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe erhielt die Aufgabe, zwei Ausstellungsräume auszuwählen, die sie zuerst eingehend mit einem Auftrag erkunden sollten – etwa durch Beobachtung von Exponaten, Analyse von Zeitzeugenberichten, Reflexion über Lebensbedingungen oder politische Entscheidungen.
Anschliessend übernahmen die Gruppen die Rolle von Führenden: Sie führten ihre Mitschülerinnen und Mitschüler durch die Räume, erklärten die wichtigsten Inhalte, stellten Fragen und regten Diskussionen an. So wurde aus dem Museumsbesuch ein aktiver Lernprozess, mit Mitgestaltung und Austausch.
Eindrücke und Reaktionen
Das Interesse war gross. Die Schülerinnen und Schüler zeigten:
- Elan und Neugier: Viele nutzten die Möglichkeit, Fragen zu stellen – sei es zu persönlichen Schicksalen, zu politischen Entscheidungen oder zu dem, wie einfach (oder schwierig) das Leben in dieser Zeit war.
- Aufmerksamkeit fürs Lokale: Für viele war es überraschend zu sehen, wie nah Liechtensteiner Geschichte am Krieg war – auch wenn das Land nie besetzt wurde. Die Ausstellung macht deutlich, wie sehr auch Neutralität und geografische Lage das Leben beeinflussen.
- Empathie und Verständnis: Die Bedingungen von Armut, Entbehrung und politischem Druck wurden greifbar, nicht nur als abstrakte Daten, sondern als Lebenswirklichkeit.
Bedeutung für Lehrer, Eltern und Schüler
Für Lehrpersonen bietet sich eine ausgezeichnete Chance, Unterrichtsinhalte nicht nur theoretisch, sondern durch direkte Anschauung zu vermitteln – Geschichte wird anschaulich und emotional nachvollziehbar. Für Eltern ist der Besuch ein Beleg dafür, wie Schule Schülerinnen und Schüler darin fördert, historisch, kritisch und lokal verankert zu denken. Für Schülerinnen und Schüler selbst ist es eine Erfahrung, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Reflexion anregt: Über Moral, Gemeinschaft, Verantwortung – Werte, die auch heute äusserst relevant sind.
Fazit
Der Ausstellungsbesuch «Nah am Krieg» war für die Schülerinnen und Schüler der achten Stufe weit mehr als ein Museumsgang. Er war ein lebendiges Lernen – über Heimat, Geschichte und menschliche Erfahrungen in einer schwierigen Zeit. Die Schülerinnen und Schüler nahmen nicht nur Fakten mit nach Hause, sondern Einsichten, die ihr Verständnis für Geschichte und Gegenwart vertiefen. Ein Bereicherung für alle Beteiligten - absolut besuchenswert! Die Ausstellung ist noch bis 11. Januar 2026 geöffnet.
Text und Bilder: Bandi Koeck